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Du bleibst, was Du bist! Wie chancengerecht ist unser Bildungssystem?

Ist der Bildungsaufstieg für Kinder aus Nichtakademiker-Familien heute einfacher?

Meine Schwester hatte einen Engel, der ihr zu Hilfe kam. Das war ihre Lehrerin. Die besuchte eines Abends unsere Mutter und überzeugte sie, dass meine Schwester das Zeug fürs Gymnasium hätte. Das Problem: meine Schwester war schon in der 6. Klasse der Volksschule. Mama grübelte nächtelang, aber am Ende ging alles gut. Meine Schwester war die erste der ganzen Sippschaft, die Abitur machte – als eine der besten ihrer Klasse.

Das war in den sechziger Jahren. Ist der Bildungsaufstieg für Kinder aus Nichtakademiker-Familien heute einfacher?

Marco Maurer, selbst Arbeiterkind aus Bayern und inzwischen Autor für „Die Zeit“ und die „Süddeutsche“, hat ein wirklich beindruckendes Buch geschrieben. Es trägt den pessimistischen Titel: „Du bleibst, was du bist!“. Den Anstoß für seine umfangreichen Recherchen erhielt Maurer durch die Sozialerhebung der Studentenwerke (http://www.studentenwerke.de/de/content/sozialerhebung-des-deutschen-studentenwerks). Was ihm keine Ruhe ließ, waren diese Zahlen: von 100 Akademikerkindern gehen 73 zur Uni, aus Nichtakademikerfamilien schaffen es nur 23. Ex-Kanzler Schröder, Außenminister Steinmeier, Bahnchef Grube, Thomas Gottschalk, Andrea Nahles, um nur einige zu nennen, zählen zu dieser Gruppe der First Generation Students – oder kommen, wie man hierzulande sagt, aus bildungsfernen Schichten.

Das Buch von Marco Maurer ist wesentlich mehr als ein Plädoyer für die Wiedereinführung des Schüler-Bafög und ein auskömmliches Studenten-Bafög. Pflichtlektüre klingt doof, aber dieses Buch ist genau so etwas: natürlich für angehende Pädagogen, aber auch für Professoren (aller Fachrichtungen), Bildungspolitiker, Finanzpolitiker sowie kluge Personalchefs und Geschäftsführer von modernen Unternehmen.

Fritz Berger, Geschäftsführer, Hochschul-Sozialwerk Wuppertal, Email:berger(at)hsw.uni-wuppertal.de